Das eigene Haus kindersicher zu gestalten, sollte oberste Priorität haben, schließlich verunglücken Säuglinge und Kleinkinder vor allem zu Hause. Bis zum Alter von etwa vier Jahren passieren Unfälle vor allem im häuslichen Bereich. Sie geschehen überwiegend bei den typischen Aktivitäten, durch die Kinder ihre Umgebung kennenlernen.

So heimelig manches Zuhause auch aussehen mag, so gefährlich ist es evtl. für kleine Kinder: Häusliche Unfälle sind die häufigste Todesursache bei Kindern vor der Einschulung. „Das größte Risiko, an den Folgen eines solchen Unfalls zu sterben, besteht für Säuglinge und Kleinkinder“, sagt Dr. Gabriele Ellsäßer, Leiterin des Landesgesundheitsamtes Brandenburg.

Dabei lassen sich 60 Prozent aller Unfälle im Kindesalter und sogar 95 Prozent der tödlichen Unfälle von Kindern ganz einfach vermeiden. Die Kinder stürzen vom Treppenabsatz, fallen in die Regentonne oder vergiften sich an der Wäschebleiche – um so etwas zu verhindern und Wohnung, Haus und Garten kindersicher zu machen, reichen meist einfache Vorkehrungen aus.

So kann etwa ein Handtuch um beide Türgriffe verhindern, dass sich die Kleinen ihre Hände in der Tür quetschen, und ist der Schlüssel an der Tür zum Bad erst entfernt, sperrt sich kein Kind mehr selbst im Reich der harten Fliesen ein. Dass die unteren Schränke und Regale weder Scharfes noch Spitzes enthalten sowie frei von Zerbrechlichem und Giftigem wie etwa Putzmitteln sein sollten, versteht sich von selbst. Wo sich das nicht vermeiden lässt, kann man die Türgriffe zusammenknoten oder kindersichere Sperren für Türen und Schubladen anmontieren. Ganz verzichten sollte man auf Lauflernhilfen, die bei kleinen Kindern zu den häufigsten Unfallverursachern gehören.

 

Alles eine Nummer größer: Die Bundesarbeitsgemeinschaft „Mehr Sicherheit für Kinder e.V.“ lässt Erwachsene die Perspektive kleiner Kinder erleben — in einer riesigen Küche. Hier können Erwachsene die Perspektive eines etwa 18 Monate alten Kindes in einer „normalen“ Küche nachvollziehen. Bild: GDV Berlin

 

Gefahrenherd Küche
In der Küche wird es komplizierter. Dort halten sich die meisten kleinen Kinder am liebsten auf, weil es ständig zischt und qualmt. Und dort ist Neugier besonders gefährlich. Wer etwa den Backofen nicht nach oben verlagern kann, der muss ihn sorgfältig gegen die kleinen Entdecker absichern. Ein spezieller Türstopp oder ein Schutzgitter für die Front verhindert, dass aufgeheizte Einzelteile oder der heiße Dampf aus den Lüftungsschlitzen zu Verbrennungen führt. Ein Schutzgitter ist auch für die Herdplatten dringend zu empfehlen, denn schon heißes Wasser aus einem kleinen Topf reicht aus, um der empfindlichen Kinderhaut lebensgefährliche Verbrennungen zuzufügen.

In der gesamten Wohnung sind Steckdosensicherungen unentbehrlich. Fast alle Kinder sind in ihren frühen Jahren fasziniert von den „Schweinenasen“ in der Wand. Überall dort, wo sich Wasserleitungen befinden, sollte man außerdem an einen FI-Schutzschalter denken. Fällt beispielsweise ein Fön ins Badewasser, unterbricht ein solcher Schalter sofort die Stromversorgung. Der Einbau in den Sicherungskasten kostet etwa 300 Euro.

Verletzungsursache Nr. 1: Stürze
Am häufigsten verletzen sich Kinder zu Hause bei Stürzen. Um sie davor zu bewahren, müssen zunächst einmal die Kindermöbel auch wirklich kindersicher sein: so sollte z. B. der Hochstuhl nicht nur kippsicher sein, sondern auch am Tisch befestigt werden können. Treppen müssen von unten und von oben unbedingt mit einem stabilen Gitter abgesperrt werden. Ob dieses fest sitzt, sollte man regelmäßig überprüfen – und zwar sorgfältig. Die kleinen Racker sind nämlich nicht zimperlich, wenn es gilt, störende Sperren wegzureißen.

Weil sie durchsichtig ist, wird eine Gefahrenquelle vielleicht gern übersehen: die Fenster. Sie sollten niemals offen stehen, wenn sich ein Kind in einem Raum befindet, und eigentlich mit abschließbaren Griffen gesichert werden, denn einen Fensterhebel umzulegen ist im wahrsten Sinne des Wortes kinderleicht.

Das größte Risiko für Kinder ist übrigens die Unaufmerksamkeit ihrer Eltern. Auch wenn die Wohnung nach allen Regeln der Kunst gesichert ist, sollte man sein Kind nie aus den Augen lassen. Dr. Stephanie Märzheuser, Präsidentin der Bundesarbeitsgemeinschaft „Mehr Sicherheit für Kinder“, rät außerdem zu vorausschauendem Handeln: „Eltern sollten versuchen, den nächsten Entwicklungsschritt ihres Kindes vorauszuahnen. Schon bevor das Kind krabbelt, muss die Wohnung krabbelsicher sein.“

Sturz über Produkte
Bei über 80 Prozent der Sturzunfälle ist mindestens ein Produkt beteiligt, z.B. Treppe oder Sitzmöbel sowie Hochbett oder Trampolin. Die Produkte, mit denen Kinder in Kontakt kommen, mit denen sie spielen oder auf denen sie herumklettern, müssen stabil und hochwertig sein. Kinder sollten die wichtigsten Regeln zum Umgang mit diesen Produkten kennen, z.B. immer wieder das Bremsen mit den Inlineskates üben oder auf Spielplatzgeräten den Helm absetzen (Strangulationsgefahr!). Bevor ein Produkt für Kinder gekauft wird, sollte man sich umfassend informieren, Testberichte lesen und Beratung durch Fachpersonen in Anspruch nehmen. Bei der Nutzung von Produkten immer die Aufbau-, Gebrauchs- und Wartungsanleitungen sowie die Sicherheits- und Warnhinweise beachten.

Badewanne, Regentonne und Gartenteich
Selbst wenn das Wasser nicht tief ist, können Kinder ertrinken: ob in der Badewanne, im Planschbecken, im Gartenteich oder in der Regentonne. Kinder ertrinken leise! Sie unternehmen keine Selbstrettungsversuche wie Zappeln oder Schreien. Kleine Kinder verlieren unter Wasser sofort die Orientierung. Wegen der hohen Unfallgefahr müssen kleine Kinder im und am Wasser stets lückenlos beaufsichtigt werden. Schwimmtiere, -reifen und -ringe sind Spielsachen und keine Lebensretter. Experten raten: Säuglinge und Kleinkinder nur in Babywannen mit rutschsicheren Einlagen baden und niemals alleine lassen. Kinder beim Planschen im Garten oder in Wassernähe nie unbeaufsichtigt lassen. Gartenteich oder Pool mit einem Zaun sichern, der mindestens 1 m hoch und von Kindern nicht zu erklettern ist. Regentonnen im Garten mit einem abschließbaren Gitter oder Deckel sichern. Kinder sollten möglichst früh schwimmen lernen! Ab vier Jahren können Kinder schwimmen lernen. Für kleinere Kindern sind Wassergewöhnungs- kurse eine gute Vorbereitung.

Das kindersichere Bad
Im Badezimmer gibt es viel zu entdecken: gut riechende Mittel, spannende Geräte und Apparaturen. Wenn Kinder baden, wird gespritzt und geplanscht, gesprungen und getaucht. Wasser übt seit je eine magische Anziehungskraft auf Kinder aus. Im und mit Wasser zu spielen macht nicht nur ihnen unendlich viel Spaß. Nicht nur für größere Kinder kann das Bad gefährlich werden, auch für Säuglinge und Kleinkinder stellt es eine Gefahr dar. Häufige Unfälle sind Stürze und Verbrühungen durch heißes Wasser. Lassen Sie die Mischbatterie deshalb nie auf „Heiß“ stehen! Das Kind könnte sich beim Öffnen des Wasserhahns verbrühen. Sichern Sie Ihre Wasserhähne mit einem Thermostat, der die Wassertemperatur auf maximal 50 °C begrenzt. Auch bei Wannen- bzw. Brausewasser sorgfältig die Temperatur kontrollieren, um Verbrühungen vorzubeigen. Sehr sinnvoll – bequem auch für Erwachsene – ist die Installation von Temperaturreglern.

Kleine Kinder bis etwa zum dritten Lebensjahr haben große Probleme, allein aus dem Wasser zu kommen, wenn ihr Gesicht unter Wasser ist. Sie verlieren die Orientierung und können selbst in flachem Wasser ertrinken. Säuglinge und Kleinkinder deshalb nie unbeaufsichtigt lassen (auch nicht, wenn das Telefon klingelt oder die Milch in der Küche überkocht). Das Kind nur unter Aufsicht eines Erwachsenen in der Badewanne baden oder spielen lassen. Geflieste und emaillierte Flächen im Bad sind ohnehin schon glatt, noch mehr in feuchtem Zustand. Rutschhemmende Badevorleger und Wanneneinlagen sind deshalb ein Muss, auch wenn sie die Reinigung erschweren.

Wie in der Küche, sollten gefährliche Gegenstände und Mittel unter Verschluss gehalten werden, ganz besonders Medikamente, Putzmittel und Kosmetika (Nagellack, -entferner). An einen sicheren Ort gehören auch scharfe Gegenstände wie Rasierklingen, Scheren und Feilen. Vorsicht ist auch im Umgang mit Elektrogeräten in der Nähe von Wasser geboten: Sie könnten ins Wasser fallen und einen tödlichen Stromschlag verursachen. Mit einem eingebauten FI-Schutzschalter springt in Notfällen die Sicherung heraus. Bei elektrischen Geräten wie Fön und Rasierapparat immer den Stecker ziehen, wenn sie nicht in Gebrauch sind.

 

Experten raten: Kleinkinder müssen in der Nähe von gartenTeichen immer beaufsichtigt werden.

 

Im Garten spielen
Glücklich, wer einen Garten hat, in dem Kinder spielen können. Der Garten bietet viele Spielmöglichkeiten im geschützten Rahmen. Er hat damit schon für die Kleinsten eine wichtige Bedeutung und so bleibt es auch für die Älteren. Eltern wissen ihre Kinder in der Nähe und Kinder können sich die Sehnsucht nach einem großen Abenteuer erfüllen. Kinder sollen sich bewegen und toben. Sie sollen sich erfahren und einschätzen – und auch die Konsequenzen kennenlernen. Während Kleinkinder noch Beaufsichtigung brauchen, machen die Größeren mehr und mehr eigene Erkundungen und Erfahrungen. Damit wachsen die Risiken und die gibt es im Garten reichlich. Dazu gehören kleine Misserfolge und Verletzungen, wenn sie unvorsichtig waren. Die für Kinder nicht kalkulierbaren großen Gefahrenquellen müssen Sie als Eltern vorausschauend aus dem Weg räumen.

Entfernen Sie giftige Pflanzen aus Ihrem Garten
Das Spielen mit giftigen Pflanzen oder Pflanzenteilen kann gefährlich werden. Die giftigste Pflanze Europas ist der blaue Eisenhut. Schon das Spielen mit Blüten der Pflanze kann schwere Vergiftungen bei Kindern hervorrufen. Eine gute Übersicht gibt eine Datenbank des Giftnotrufs Bonn. Auch Dünger sollte immer verschlossen und außerhalb der Reichweite von Kindern aufbewahrt werden und verzichten Sie auf sogenannte Pflanzenschutzmittel.

Gartenteiche und Regentonnen
Ungesicherte Gartenteiche und Regentonnen können zu tödlichen Unfällen führen. Kleinkinder müssen in der Nähe von unge- sicherten Teichen ununterbrochen aus nächster Nähe beaufsichtigt werden. Auch Regentonnen und Brunnen sind gefährlich und sollten immer mit einem abschließbaren Deckel gesichert sein. Auch sollten Gartenteiche und Pools umzäunt und mit einer rutschhemmenden Uferbefestigung gesichert werden.

Mit den Augen eines Kindes
Gehen Sie einfach mal auf allen vieren durch die Wohnung. So können Sie nicht nur gut einschätzen, was dem Nachwuchs verführerisch direkt vor der Nase hängt, sondern auch, was er alles nicht sehen kann. Von unten betrachtet, steht auf dem Herd z. B. nur ein Topf – das heiße Wasser darin ist unsichtbar.

Rechnen Sie aber auch mit der Intelligenz Ihres Kindes, selbst Krabbelkinder können sich schon mit Stühlen behelfen, wenn sie nach oben wollen. Und überschätzen Sie die Bewegungssicherheit der Kleinen nicht, sie können die Treppe neun Mal sicher meistern – und fallen beim zehnten Mal doch über die eigenen Beine. „Gefährlich“ ist wohl das letzte Wort, das Kinder wirklich zu verstehen lernen. Kein Sinn wird so spät ausgeprägt wie der für Gefahr.

 

PRAXISTIPP
Worauf Sie beim Kauf von Trampolin und anderen Gartenspielzeugen achten sollten:

• Vorhandensein einer ausführlichen Montage- und Gebrauchsanleitung
• Überprüfung des Gerätes hinsichtlich Aufstellungsort und Beanspruchung
• Entscheidung für eine stabile Ausführung
• Keine scharfen Ecken und Kanten
• Keine Spalten, in denen ein Einklemmen möglich ist
• Kaufen Sie zusätzlich ein Sicherungsnetz
• Sicherheitszeichen, z. B. GS-Zeichen, sollten vorhanden sein

 

 

Am häufigsten verletzen sich Kinder zu Hause bei Stürzen. Um sie davor zu bewahren, müssen zunächst einmal die Kindermöbel auch wirklich kindersicher sein.