Ein Haus muss immer zuerst mechanisch gegen Einbruch gesichert werden, vor allem gegen das Aufhebeln. Das Schloss ist dabei das erste Bollwerk. Wenn es hält, lässt der Einbrecher meist auch schon ab.

Wenn an dieser Stelle von Schlössern die Rede ist, dann nicht von Neuschwanstein, Bellevue oder Schloss Windsor, sondern von den mehr oder weniger komplizierten Einbauteilen unter anderem in unseren Türen. Kaum aus unserem Alltag wegzudenken sind Schlüsselbunde mit einer Vielzahl großer und kleiner, einfacher und aufwändiger Schlüssel. Ergänzt werden diese in der Regel aus Metall bestehenden Schließwerkzeuge immer mehr von elektronischen Schlüsseln oder Magnetkarten bis hin zu „natürlichen Schlüsseln“, nämlich den Papillarlinien unserer Finger, der Retina unserer Augen oder der Frequenz unserer Stimme. All diese Schlüssel ver- und entriegeln Haustür, Garage, Autotür, Fahrradschloss, Firma und Bürotür und vieles mehr. Daneben dienen Schloss und Riegel auch dazu, denen, die hinter diesen sitzen, das Ausbrechen zu erschweren. Beginnen wir mit einem kleinen Ausflug in die Geschichte der Schlösser und Riegel, wobei ausdrücklich kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wird.

Spätestens als der Mensch begann, sein Nomadenleben, in dem er mit seiner Sippe umherzog, aufzugeben, um sesshaft zu werden, kam wohl der Gedanke auf, die Dauerunterkunft und alles, was
sich darin befand, zu sichern.

Solange Archäologen in der Vergangenheit recherchieren können, war die Sicherung von Eigentum schon immer ein Ziel von Menschen. Erste Hinweise auf den Gebrauch von Instrumenten (Schlüsseln) zum Entsperren einfacher Fallriegelschlösser stammen aus der Zeit ca. 3.000 Jahre vor Christus. Mittels
Knochen oder Holzstücken wurde dabei ein Riegel mit Zinken angehoben damit die Zuhaltung geöffnet werden konnte. Genau genommen liegt dieses Grundprinzip auch den heutigen Zylinderschlössern
mit Stiften zugrunde. Einen sehr greifbaren Beweis für die Verwendung von Schlüsseln aus Metall
entdeckt man bei den Fundstücken der „Varusschlacht“, im Jahre 9 n.Ch. in derNähe von Osnabrück. Im Museum Kalkriese ist ein „Drehschlüssel“ in sehr gutem Zustand erhalten. Ebenfalls aus der Zeit um das Jahr 0 sind Sperrfederschlösser in Süddeutschland gefunden worden. Die Sperrfedertechnik hat sich in einigen Ländern bis heute erhalten.

Bis ins späte 18. Jahrhundert wurden sogenannte „Besatzungsschlösser“ verwendet, bei denen in den Drehkreis des Schlüssels verschiedene Hindernisse (Besatzungen) eingebaut wurden, so dass nur der Schlüssel mit den exakten Ausfräsungen passte.

DAS (FAST) UNKNACKBARE BRAMAHSCHLOSS

Eine interessante Geschichte rankt sich um das „Bramahschloss“ (erfunden 1784). Der Widerstandswert der Konstruktion war derart hoch, dass es erst 63 Jahre nach seiner Erfindung gelang, eines zu knacken. Der Erfinder und Geschäftsmann Alfred Charles Hobbs öffnete ein Bramahschloss erst nach sage und schreibe 16 Tagen. Für ein Chubbschloss, (patentiert 1818) benötigte er dagegen lediglich 25 Minuten. Der Erfinder des Chubbschlosses war sehr überzeugt von der Sicherheit seines Produktes und hatte zuvor einen hohen Geldpreis für das erste zerstörungsfreie Überwinden seiner Erfindung ausgelobt.

Die Öffnungsmethode von Hobbs (Hobbssches Öffnungsverfahren) wird noch heute von Schlüsseldiensten und leider auch von versierten Einbrechern genutzt. Ein weiteres Schließsystem, das auch heute noch genutzt wird, ist das Scheiben – oder auch Plattenschloss. An Möbelstücken, Fahrradschlössern und an einer Reihe von Pkw-Türen findet man dieses Schließsystem. In Finnland ist das Scheibenschloss noch weit verbreitet und zwar als Haustürschloss.

Im Laufe der Jahrhunderte entstanden eine Reihe weiterer Erfindungen, deren Aufzählung und Beschreibung diesen Beitrag sprengen würde. Letztendlich war die rasante Entwicklung der Industrialisierung im 19. Jahrhundert entscheidend für die Herstellung von modernen Schlössern zu erschwinglichen Preisen.

 Die Stadt Velbert ist mit dieser Entwicklung untrennbar verbunden. Hier entstand in Deutschland unter Einsatz der noch verhältnismäßig jungen Dampfmaschinentechnik ein Zentrum der Schlossherstellung.

 Ebenfalls im 19. Jahrhundert wurde quasi der Urtyp des heute zumeist verwendeten Zylinderschlosses erfunden, bzw. patentiert. Auf der Grundlage des ganz einfachen, uralten Fallriegelschlosses, entwickelte Linus Yale, ein Amerikaner, ein Zylinderschloss mit Stiften und Federn. Aus dieser Grundidee heraus gibt es heutzutage eine Vielzahl von Weiterentwicklungen und Abwandlungen. Ganz simpel ausgedrückt, ragen dabei eine Reihe von Metallstiften, in der Regel 5 – 6 in einer Reihe, in den Zylinder und verhindern damit das Drehen des Kerns. Erst der hineingeführte Schlüssel drückt die Stifte gegen einen Federdruck in eine Linie und der Zylinder kann gedreht werden. Durch das Drehen schiebt dann eine Schließnase den oder die Riegel aus den Aufnahmen im Rahmen und die Tür kann geöffnet werden. Alle Schließzylinder besitzen allein durch diesen Aufbau einen verhältnismäßig hohen Sicherheitsstandart.

STIFTE GEHEN: ZYLINDERSCHLÖSSER

 Wenden wir uns einmal einer genauen Betrachtung der heute in unseren Breiten üblicherweise verwendeten Zylinderschlössern zu. Die Schließsicherheit wird grundsätzlich zunächst dadurch erreicht, dass mindestens 5 Stifte/Stiftpaare verwendet werden. Diese sind geteilt in jeweils einen Gehäusestift und einen Kernstift. Durch Federdruck ragen die Gehäusestifte in den Rotor hinein. Diese Metallstifte müssen zumindest teilweise unterschiedlich Längen aufweisen.

 Die Abstufung zwischen den Stiftlängen muss zwischen tiefster und höchster mindestens drei Stufen betragen und nicht mehr als zwei nebeneinander liegende Stifte dürfen den Einschnitt in gleicher Höhe aufweisen. Gleichmäßige Steigungen oder Gefälle sind zu vermeiden. Wenn diese Vorgaben erfüllt sind und ein Hersteller 5 Stiftpaare mit insgesamt 8 verschiedenen Längen verwendet, ergeben sich daraus rechnerisch etwas über 30.000 Variationen. Diese Zahl der Variationen beispielsweise ist eine der Mindestvoraussetzungen, damit ein Schließzylinder vom Verband der Schadensversicher (VdS) in die unterste Klasse A eingestuft wird. (Quelle: VdS)

Schaut man dann einmal auf die Spitze eines Schlüssels, erkennt man deutlich unterschiedliche längliche Fräsungen. Diese legen das Profil des Schließkanals fest. Damit ergeben sich eine Reihe von weiteren Variationen mit der identischen Zahl und Länge der Stiftpaare.

 Mit diesen Grundvoraussetzungen wird erst einmal ein Nachschließen, das Lockpicking, mit einfachsten Mitteln wie einem Metallstreifen verhindert. Schlüsseldiensten und versierten Einbrechern gelingt es jedoch mit dem geeigneten Picking-Werkzeug, Schließzylinder dieser untersten Zertifizierungsklasse recht schnell zu öffnen. Eine Variante des klassischen Lockpikkings ist die sogenannte Schlagtechnik, bei der durch den Schlagimpuls auf einen Schlüsselrohling die Stifte in die richtige Position gebracht werden können. Auch diese Öffnungsmethode ist nur bei einfachen Profilzylindern erfolgversprechend.

 Allein bereits aus der Verwendung von 6 Stiftpaaren in 7 unterschiedlichen Längen ergeben sich dann bereits über 100.000 Fertigungsvarianten, die ebenfalls durch die Profile um ein Vielfaches erweitert werden. In dieser Ausführung ist dann eine Zertifizierung des VdS in Klasse B möglich.

Im Tresorbau, in dem unter anderem ein sogenanntes Protektorschloss zum Einsatz kommt, kann man durch Doppelbartschlüssel und eine entsprechend komplizierte Bauweise des Kerns, sogar auf über 80 Millionen Schließvarianten kommen.

Neben den sogenannten Lockpicking-Angriffen gehen Einbrecher auch mit anderen Techniken vor, um Schließzylinder zu knacken. Im Gegensatz zu der weitgehend zerstörungsfreien Picking-Technik werden bei anderen Methoden die Zylinder zerstört. Beim Aufbohren des Zylindergehäuses oder des Zylinderkerns werden die innenliegenden Stifte zerstört, so dass die Verriegelung aufgehoben ist. Beim sogenannten Kernziehen wird der Rotor gewaltsam aus dem Gehäuse entfernt. Findige Einbrecher haben dafür sogar selbstentwickelte Kernziehwerkzeuge angefertigt.

EMPFEHLENSWERT SIND EINBRUCHHEMMENDE EINSTECKSCHLÖSSER MIT SCHUTZBESCHLÄGEN NACH DIN 18251 AB DER KLASSE 4. SCHLÖSSER MIT MEHRFACHVERRIEGELUNG SIND AB DER KLASSE 3 EMPFEHLENSWERT

HOCHWERTIGE ZYLINDER AUS GEHÄRTETEN MATERIALIEN

 Um zu verhindern, dass ein Schließzylinder auf eine dieser Arten zerstört wird und damit der Zugang frei ist, werden in hoch- wertigen Zylindern Stifte aus gehärteten Materialien eingesetzt und Hartmetallkomponenten in den außen liegenden Teil des Schlosses eingebaut. Durch ein geeignetes Schließblech mit einer soliden Hartmetallplatte im Hohlraum kann der gesamte Schlossbereich wirksam abgedeckt werden.

 Seitlich angebrachte zusätzliche Stifte, Pendelstifte, Kugeln im Schließzylinder sind heute in vielen hochwertigen Schlössern verbaut. Mittlerweile sind auch sogenannte Wendeschlüssel im Gebrauch. Diese werden statt der Zahnung an der Schlüsselunterseite durch Bohrmulden auf der Breit – und der Schmalseite hergestellt. Die Technik im Kern ist grundsätzlich dieselbe.

Für alle Schließzylinder mit den entsprechenden Schlüsseln gilt jedoch ein Grundsatz. Sicherheit bieten ausschließlich Systeme aus dem Fachhandel von namhaften, geprüften Herstellern. Hier ist sichergestellt, dass die Bauteile dem Sicherheitsanspruch genügen, getestet und geprüft sind und weitere Schlüssel nur unter Vorlage der Schließkarte zu bekommen sind.

 In Discountern werden ab und an „Sicherheitsschließzylinder“ angeboten. In einer Blisterverpackung findet man dann zum Beispiel sechs Schließzylinder in unterschiedlichen Längen mit 18 Schlüsseln und das Ganze für gerade mal 29,99 Euro. Dabei kostet bei Qualitätsprodukten häufig sogar selbst ein einzelner Zylinder deutlich mehr. Der Preis kann letztendlich nur durch minderwertige Materialien erreicht werden und damit verzichtet man auf jegliche Sicherheit. Einen Einbrecher freut solche Sparsamkeit natürlich.

DAS SCHLOSS DER ZUKUNFT

Zum Schluss noch ein Ausblick. Mechatronische Schließsysteme sind auf dem Vormarsch. Hier verbinden sich die mechanischen Bauteile (Schlosskörper, Kern, Schließzunge) mit dem elektronischen (Schlüssel). Statt der Zähne oder Bohrmulden im Schlüssel werden codierte Signale über kürzeste Distanz übertrage, die die Aufgabe der Entriegelung übernehmen.

Die damit erreich-baren Varianten liegen im Millionen- bereich. Dem Aussehen des Schlüssels sind fast keine Grenzen gesetzt. Chip, Karte, Accessoire sind gängige Schlüssel und auch Zahlencodes werden verwendet. Der nächste Schritt in der Entwicklung, ist der Einsatz von biometrischen Schlüsseln. Fingerabdruck, Stimme oder Iris-Scan, befinden sich quasi noch am Anfang des praktischen Einsatzes.

Die Schließsicherheit hat noch nicht den benötigten Standard erreicht und die Frage nach reduntanten Öffnungsmöglichkeiten, wenn beispielsweise das benötigte Körperteil verletzt ist, oder die berechtigten Personen nicht in der Lage sind, dieses einzusetzen, ist noch nicht überzeugend gelöst. Bei allen modernen Entwicklungen auf diesem Gebiet, bleibt das Grundsystem immer gleich. Vor einigen tausend Jahren war es ein kleiner Holzriegel, der in eine Vertiefung fiel und die Tür verriegelte, heute sind es 20 cm dicke Metallbolzen einer Tresortür, die in Betonwände hineinragen.