Hagel-, Hochwasser- und Sturmschäden gehören längst zu den Realitäten, mit denen sich Hausbesitzer auseinandersetzen müssen.  Denn ein Trend setzt sich seit Jahren fort: Die Zunahme regionaler Unwetterereignisse.

 

Beinahe jedes Jahr gibt es ungewöhnlich viele Unwetterereignisse, die alle zusammen genommen sehr hohe Schäden verursachten. Heftige und anhaltende Starkniederschläge sind die Ursache für Hochwasser in Süd- und Ostdeutschland. Sehr hohe Pegelstände und Deichbrüche sorgen immer wieder für Schäden, auch in Gebieten weitab der großen Flüsse. Diese Regionen sind statistisch betrachtet nur alle 100 Jahre oder seltener von Hochwasser betroffen. “Unsere Zahlen belegen, dass Überschwemmungsschäden nicht nur in den Hochrisikozonen anfallen, sondern vermehrt auch in vermeintlich sicheren Regionen. Daher ist es wichtig, das Risikobewusstsein zu schärfen und über die Hochwassergefahr aufzuklären”, erklärt Christian Diedrich, Vorstandsvorsitzender der ERGO Versicherung AG. “Außerdem muss in den technischen Hochwasserschutz – wie zum Beispiel Dämme, Deiche, Polder – investiert und die Ausweisung von Bauland in Hochwasser gefährdeten Gebieten gestoppt werden. Besonders wichtig ist dabei die länderübergreifende Koordination: Werden flussaufwärts Schutzmaßnahmen getroffen, dann trifft es die Regionen flussabwärts ohne Vorkehrungen doppelt.”

 

Immer mehr Hagelschäden

Sommer-Hagelstürme mit Hagelkörnern, teilweise größer als Tennisbälle, richten massive Schäden an Gebäuden und Fahrzeugen an. “Die versicherten Hagelschäden in Deutschland waren so hoch wie noch nie zuvor und lagen deutlich über den versicherten Flutschäden. Und im direkten Vergleich zu Hochwasserschäden kommen Hagelschäden im Zeitablauf viel häufiger vor”, so Diedrich. Es setzt sich ein Trend fort, der sich nach Prognosen der Klimaforschung weiter verstärken wird: Die Zunahme lokaler Unwetterereignisse. “Früher gab es deutliche Nord-Süd-Unterschiede: Stürme traten im Winter vornehmlich im Norden auf. Hagel dagegen im Süden und Südwesten von Mai bis August. Eine Eingrenzung auf Regionen und Zeiten ist kaum mehr möglich”, erklärt Diedrich. 2013 kam es beispielsweise auch im Norden zu Hagelschäden. Besonders deutlich lässt sich das an der Zahl der potenziellen Hageltage während des Sommerhalbjahres ablesen. In Baden-Württemberg ist in den vergangenen dreißig Jahren die Zahl der Tage mit Hagelpotenzial um 16 gestiegen. In München sind es ungefähr 14 Tage. Ganz im Norden von Deutschland, in Schleswig, sind es deutlich weniger. Aber auch dort gibt es zwischen April und September fünf Tage mehr mit Hagelgefahr. Dass es im Süden deutlich häufiger hagelt, ist für Meteorologen keine Überraschung: Im Süden ist es wärmer und die Luft feuchter. Das erhöht das Gewitterpotenzial und die Gefahr von Hagelschlag.

 

Mehr Blitze – aber nicht überall

Immer mehr schwere Gewitter bedeuten auch, mehr Blitzeinschläge. Doch das Risiko, dass Ihr Haus vom Blitz getroffen wird, ist in Deutschland sehr ungleich verteilt: In manchen Regionen ist es siebenmal höher als in anderen. An manchen Sommertagen zucken Zehntausende Blitze über Deutschland. Das Gewitter-Risiko ist übers Land ganz unterschiedlich verteilt, wie Daten des Blitzinformationsdienstes der Firma Siemens zeigen. Am Alpenrand ist das Risiko, vom Blitz getroffen zu werden, siebenmal höher als in Schleswig-Holstein. Das zeigt die Auswertung aller Blitze in Deutschland von 1999 bis einschließlich 2015. Spitzenreiter ist der Landkreis Garmisch-Partenkirchen, gefolgt vom Berchtesgadener Land in Südbayern. Dort schlugen in den gemessenen 17 Jahren pro Quadratkilometer jährlich 4,5 Blitze ein.

 

Zahl der Naturereignisse in Deutschland verdreifacht

In Deutschland hat sich die Zahl der schadenrelevanten wetterbedingten Naturereignisse seit 1970 in etwa verdreifacht. “Hier dürfte der Klimawandel auch schon eine gewisse Rolle spielen”, erläutert Prof. Peter Höppe, Leiter der GeoRisikoForschung von Munich Re. “Wie aktuelle wissenschaftliche Studien zeigen, müssen wir in Deutschland in Zukunft verstärkt mit Starkregen, Hagel, Hitzewellen und langfristig auch mit intensiveren Winterstürmen rechnen. Die Hagel- und Überschwemmungsereignisse in Deutschland verursachten die weltweit höchsten versicherten Naturkatastrophenschäden.” Die Höhe der gesamtwirtschaftlichen wie der versicherten Schäden ist aber noch weit stärker angestiegen. “Ein wesentlicher Grund für die Zunahme der Schadenshöhe ist, dass viele gefährdete Regionen heute bebaut sind. Zudem lagerten im Keller früher hauptsächlich Vorräte und Brennstoffe. Heute steht neben der elektronisch gesteuerten Heizungsanlage die wohnliche Nutzung im Vordergrund. Dadurch entstehen durch Starkregen und Überschwemmung viel höhere Schäden”, so Diedrich. Die Gesamtschäden durch Naturkatastrophen summierten sich in den vergangenen 40 Jahren in Deutschland auf 95 Mrd. Euro, versichert waren davon rund 40 Mrd. Euro.

 

In Zukunft noch mehr Gewitter

Starkgewitter mit Hagelschlag kommen besonders dann vor, wenn feuchte Luftmassen aus Südwesten heranströmen. Die Meteorologen aus Karlsruhe haben mithilfe von Klimasimulationen untersucht, wie groß in Zukunft die Wahrscheinlichkeit für solche Großwetterlagen ist und welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Das Ergebnis lautet: Bis zum Jahr 2050 könnte die Zahl von Hagelwetter-Tagen in Deutschland um 10 bis 15 Prozent zunehmen.

 

Im Jahr 2014 haben in Deutschland 49 Tornados gewütet und damit so viele wie seit mindestens fünf Jahren nicht mehr. Hinzu kommen noch über 200 Verdachtsfälle. Die meisten Tornados gab es Anfang Juli.

 

Wetterextreme Deutschland 2013. Quelle: ERGO Versicherungsgruppe AG

Klimaforscher rechnen mit immer mehr und immer heftigeren Stürmen und Hochwassern. Ein Blick auf die letzten Jahre zeigt, dass die “Einschläge” immer häufiger werden.

Die Stürme der letzten Jahre

Januar 2007: Orkan Kyrill tobt in Europa. 47 Menschen sterben, 11 von ihnen in Deutschland. Erstmals in der Geschichte der Bahn steht der Schienenverkehr fast völlig still. März 2008: Emma wütet über Europa, bundesweit kommen sieben Menschen ums Leben. In Hamburg entgeht ein Lufthansa-Airbus nur knapp einer Katastrophe, als eine Tragfläche die Landebahn berührt Hochwasser. Februar 2010: Xynthia schlägt eine Schneise der Verwüstung durch Westeuropa. Der Sturm richtet Milliardenschäden an, in Deutschland sterben sieben Menschen. Oktober 2013: Christian wütet über Norddeutschland und Nordeuropa. Mindestens 16 Menschen sterben europaweit bei Sturmböen bis zu 172 Stundenkilometern. Dezember 2013: Xaver fegt über Europa hinweg. Hunderttausende sind ohne Strom, Sturmfluten peitschen auf die Nordseeküste. Mindestens zehn Menschen sterben durch den Orkan europaweit. Juni 2014: Mit Hagel, Starkregen und heftigem Wind hinterlässt Ela vor allem in Nordrhein-Westfalen eine Spur der Verwüstung. Bilanz: Schäden in zweistelliger Millionenhöhe und mehrere Tote. Januar 2015: Elon und Felix richten in ganz Europa Verwüstungen an und legen vielerorts den Bahnverkehr lahm. Bei Unfällen gibt es Tote und Verletzte – auch in Deutschland.

 

Die Hochwasser der letzten Jahre

Juli/August 1997: Die obere Oder erlebte in kurzer Zeit anschwellende Rekordwasserspiegel, aber auch in Deutschland kam es zu teilweise nie gemessenen Pegelständen. Auf tschechischer Seite kamen 20 Menschen ums Leben, auf polnischer 54, und die Schäden beliefen sich für beide Länder zusammen genommen auf fast 3 Mrd. EUR.  August 2002: An der Elbe kommt es an vielen Messstellen zu dem schwersten je registrierten Hochwasser. So hat der in Dresden erreichte Wasserstand von 9,40 m die bisherige Rekordmarke um mehr als einen halben Meter übertroffen. Auch die Schadensbilanz hat mit 21 Toten allein in Sachsen und 11,4 Mrd. EUR finanziellen Verlusten nur in Deutschland bisherige Rekorde gebrochen. Frühjahr 2006: gab es ein weiteres starkes Hochwasser an der Elbe, im Frühjahr 2010 an der Oder. Juni 2013: Rekordhochwasser, das sowohl die Elbe und einige ihrer Nebenflüsse wie die Donau mit Nebenflüssen betraf. Die Hochwasserereignisse 2013 waren in ihrer räumlichen Ausdehnung in den letzten 60 Jahren einzigartig und betrafen neben Süd- und Ostdeutschland auch die benachbarten Staaten Österreich, Tschechische Republik, Polen, Ungarn, Slowakei, Kroatien und Serbien. Über weite Strecken hat das Hochwasser von 2013 im oberen Donaubecken die stärksten Abflusshöhen der letzten zweihundert Jahre übertroffen. In Passau lief das Wasser im Juni 2013 zu Pegelständen auf, die ähnlich hoch wie bei der historischen Rekordflut 1501 waren. An der Elbe kam es bei Magdeburg zu einem Rekordwasserstand von 62 cm über dem bisherigen Höchststand von 1845. Die materiellen Verluste beliefen sich in Deutschland auf 10 Mrd. EUR.